'Modern Händling'

Auf der BAM 2013 haben mich dort bestimmte Führtechniken veranlaßt, eine kleine Analyse darüber zu erstellen. Zwischenzeitlich ist über ein Jahr vergangen - und es ist nicht besser geworden, eher ist das Gegenteil der Fall. Aus diesem Grund greife ich das Thema noch einmal auf, ich hoffe es kommt so humorvoll rüber, wie ich es meine.

Modeerscheinungen bei Damen- und Herrenoberbekleidung bestimmen in nahezu jährlichem Wechsel, was wir auf den Straßen so präsentiert bekommen. Mal Minirock, mal Maxi, dann Schlaghosen - übrigens, sollen 2015 wiederkommen - Bundfaltenhosen oder Kleidung aus der Gosse mit dem Schritt in den Kniekehlen. Modeerscheinungen gehen auch am Agility nicht vorbei - zum Glück nicht in dieser Häufigkeit des Wechsels.

Wer länger dabei ist wird sich erinnern, die Gegenhand! Das wurde von manchem Trainer bei Seminaren fast dogmatisch vermittelt und dann sah man auf den Turnieren Hundeführer ihren Hunden hilflos mit der Gegenhand in der Luft rumfuchtelnd hinterher rennen. Das ist inzwischen - hoffentlich - Geschichte, jetzt gibt es seit einiger Zeit wieder etwas Neues, ich nenne es Modern Händling, in Anlehnung an die unsägliche Popband Modern Talking, die mit platten Songs ewig gleichen Aufbaus und Harmoniefolge, zu unterscheiden im wesentlichen nur durch die Titel, eine gesamte Generation in musikalische Geiselhaft nahm. Allerdings, sie waren sehr erfolgreich. Das sind MacDoof und der Würger König auch. Das kann man als Beweis dafür nehmen, daß Erfolg offensichtlich nichts mit Qualität zu tun haben muß.

Daran daß, ob es in der spezifischen Sequenz nun paßt oder nicht, Franzosen am Fließband gemacht werden, hat man sich inzwischen gewöhnt. Ebenso an die Flieger mancher Hundeführer und deren mehr oder weniger schlecht gemachte Kopien. Das kann man noch locker unter individueller Motorik verbuchen. Nicht in dieser Rubrik zu verbuchen ist dagegen die neue Masche, vor jeder Hürde, bei der im Parcours-Verlauf eine Richtungsänderung vorzunehmen ist, zu knicksen, gegen zu drehen, dem Hund die Front zu zeigen, zu "rasseln" (siehe auch Analyse: 15.06.2013 BAM) oder mit anderen Worten, ihn einfach nahezu zum Stillstand zu bringen.

Wie auf den Videos zu sehen ist, sind davon nicht nur die schnellsten Teams betroffen. Selbst vergleichsweise langsame Hunde, die, würde man sie frei springen lassen, schon knapp hinter der Hürde landen, werden in dieser Art noch langsamer gemacht.

Als Ursache hierfür ist der "Bogenwahn" zu vermuten, eine infektiöse Seuche, die Hundeführer aller Leistungsklassen und insbesondere der Größenklasse Large befallen kann. Eine Schutzimpfung gibt es noch nicht. Wer ist nicht schon des öfteren Zeuge folgenden Dialogs geworden:

Vereinskollege: "Super, sehr schöner Lauf, einwandfrei, auch die Zeit ist sehr gut!"
Starter, etwas gequält: "Ja schon, aber die Bögen, wenn die nicht gewesen wären ..."

Das sind die ersten Symptome für Bogenwahn. Wer nach solchen Anzeichen keine Hilfe sucht, hat einen schweren Weg vor sich, einen Weg mit dauerhaftem Laufzeitenfrust. Mag das bei kleinen Veranstaltungen, sog. Dorfturniere, noch nicht so zur Auswirkung kommen. Bei großen Veranstaltungen aber, noch dazu mit internationaler Beteiligung, schlägt die Realität dann brutal zu. Es sei denn, diese Seuche hat auch schon auf das Ausland übergegriffen.

Aber es gibt eine Lösung - hier werden Sie geholfen - einfach nur die Videos anschauen. Sie liegt aber ausschließlich bei den Selbstheilungskräften der Infizierten, diese müssen aktiviert werden. Sicherlich kostet es sehr viel Überwindung, den Hund einfach einmal in solchen Sequenzen frei laufen zu lassen. Die beiden Videos sollen dazu Mut machen.

Die sichtbaren Symptome des Bogenwahns (Ist, ohne Vergleich)

Die sichtbaren Auswirkungen des Bogenwahns (Analyse, mit Vergleichen)

Die einzige Frage die noch offen bleibt ist, wie groß wäre der Vorsprung vom Benchmark, der HF im grünen Trikot, gewesen, hätte er an den Hürden 2 und 4 ebenfalls so agiert wie an Hürde 6. Aber, so wie es aussieht, scheint er auch schon leicht infiziert. Insofern hat dieser HF aber das Glück, daß sich sein Hund - noch - wenig um sein 'Modern Händling' zu kümmern scheint.

Ein Beispiel aus 2016

Noch ein Beispiel aus 2016

Januar 2015

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Von Kathrin Voß am 26. Jan. 2015 21:36:

Sehr gut und deutlich geschrieben. Klar, auf den Punkt gebracht. Ich bin seit 1992 dabei. 😀 Danke für diesen Beitrag Kathrin