Oft stelle ich mir diese Frage. Anlässe hierfür sind ja reichlich vorhanden, seien es die
Diskussionen wegen zu enger Standardzeiten oder die über Parcours, die auch eine entsprechende
Geschwindigkeit vom Hundeführer voraussetzen. Offensichtlich wird erwartet, daß man durch
Ausübung des Agility-Sports und die Teilnahme am Wettbewerb auch eine reale Sieges- oder
Platzierungschance garantiert bekommen muß. Aus einem Agility-Forum, eines, wo sich die
wirklichen 'Experten' und die, die es schon immer gewußt haben, mit Beiträgen wie
'Lieber langsamer und sauber'
verewigen, habe ich einmal, aus vielen, zwei Beiträge dazu herausgesucht. Sie zeigen exemplarisch
die absurde Einstellung dieser 'Sportler'. Ich habe die Beiträge so wie sie waren kopiert.
'Meine Boxer-Mix Hündin Momo ist super Toll. Ich mache mit ihr, zwar ziemlich Un-erfolgreich,
Agility. Sie ist eine ziemlich Dickköpfige, ältere Hündin. Ich habe festgestellt das die
meisten Agility teilnehemer irgentwelche sehr schnellen Hütehunde sind, das macht es für
mich und Momo nicht sehr einfach. Das finde ich echt schade, denn ich finde es sollte auch
andere Hunderassen geben die Agility aus freude machen und nicht um irgentwelche Preise zu
gewinnen und Hunde nur als Sportmaschienen sehen ...'
Ja meine liebe Momo-Mama, das trifft doch genau auf Dich zu! Genau was Du forderst.
Mache doch Agility aus Freude und nicht um irgendwelche Preise zu gewinnen! Du könntest
damit ja sofort anfangen.
Noch ein Beispiel für sportliche Einstellung und Toleranz:
'Ich finde Border auch super schön und ich weiß auch das nicht alle Leute nur für Agi
den Hund haben. Nur mich nervt es einfach wenn man so einen schönen Lauf gemacht hat und
dann doch nur auf dem 18. Platz ist und vor einem 10 Border und 7 Schäferhunde. Ich meine,
ich mache Agi nicht zum Gewinnen, aber wenn an mal einen guten Lauf hatte und vieleicht
mal einen 5 oder sogar *treppchen-platz* hat, einen das auch ermutigt weiter zu machen.
Es freut ja jeden mal etwas zu gewinnen ...'
Liebe Border-Sympathisantin, hoffentlich nimmst Du nie am New York-Marathon oder Wasa-Lauf
teil. Da müßtest Du nämlich sagen, jetzt hatte ich einen so schönen Lauf und bin doch nur
auf dem 65476. Platz.
Spaß beiseite. Überlegen diese Menschen eigentlich was für einen Unsinn sie da von sich
geben? Geht die Welt des Sports völlig an ihnen vorbei? So naiv kann doch eigentlich kein
Mensch sein! Die Olympischen Spiele von Athen sind ja noch nicht lange vorbei. Was sollen
alle die sagen, die ohne Medaille nach Hause fahren mußten, vielleicht: 'Es nervt mich einfach,
daß ich im 100 m-Vorlauf ausgeschieden bin, dabei hatte ich einen so schönen Lauf'. Wie muß
es dann erst die genervt haben, die bei den nationalen Qualifikationen für Olympia bereits
ausgeschieden sind.
Diese Einstellung zum Sport, die sich aus derartigen Beiträgen offenbart, ist im Agility leider
weit verbreitet. Ich kenne keine andere Sportart, in der es ein derart krasses Mißverhältnis
zwischen Realität und Anspruch gibt, vor allem bei denjenigen, bei denen ihr Können ihrem
Anspruch diametral gegenüber steht. Bezeichnend dafür ist auch, daß z. B. jedwede Kritik an
Ergebnissen als persönliche Verunglimpfung der Betreffenden angesehen wird.
Eine große Mitverantwortung trägt dabei unsere 'Agility-Obrigkeit', die durch falsche
Weichenstellung dieser Mentalität Vorschub leistet. Das beste Beispiel dafür ist der aktuelle
WM-Qualifikations-Modus.
Die Ergebnisse der Agility-Weltmeisterschaft 2004 zeigen, daß Deutschland in der Größenklasse
'Large', sicherlich das Land mit den meisten aktiven Agility-Sportlern in Europa, international
nicht mehr mithalten kann. Der letzte große, einzige Erfolg war 1999 mit dem
Mannschaftsweltmeistertitel und einem Platz 3 im Einzel sowie ein sechster Platz im Einzel
im Jahr 2000. Danach ging es kontinuierlich nur noch bergab. Der jeweilige, sich jährlich
ändernde Modus war stets maßgeblich daran beteiligt.
Wollen wir nicht weiter im Sumpf der Mittelmäßigkeit versinken, muß gegengesteuert werden.
Die hierarchisch höchste Leistungsklasse muß ihrem Namen durch angemessene Parcours und
entsprechende Standardzeiten gerecht werden. Die Leistungsrichter müssen hierzu klare Vorgaben
bekommen. Wem das nicht gefällt, oder wer nur zur Beschäftigung des Hundes hüpfen will,
kann das in jeder anderen Klasse oder auf dem Trainingsplatz tun. Teams die beispielsweise
dann Probleme haben die Standardzeiten zu schaffen, gehören einfach nicht in diese höchste
Leistungsklasse. Wenn sie trotzdem weiterhin in dieser Klasse starten wollen ist das ihre
Sache. Sich beklagen 'gegen die Schnellen haben wir ja keine Chance' dürfen sie dann
aber nicht. Das Ziel dabei ist klar, der Start in dieser Klasse muß immer bei jedem
Turnier und für jeden eine Herausforderung und ein echter Wettbewerb - und wenn es dann
mangels Konkurrenten nur gegen die Zeit ist - sein.
Der WM-Qualifikationsmodus muß wieder in Richtung Einzelwertung
- wie bis zum Jahr 2000 - geändert werden, d. h. Platzierung kommt ganz klar vor Nurdurchkommen.
Teams mit Potential und Perspektive für international vorderste Plätze haben wir nach meiner
Einschätzung durchaus in genügender Zahl. Nur Potential alleine sichert aber keine Erfolge.
Die Rahmen-, Wettbewerbsbedingungen und Auswahlkriterien sind entscheidend ob diese Teams
auch die Stabilität erreichen, um international bestehen zu können.
Ich meine, man sollte es versuchen, denn schlechter kann es ja kaum noch werden. Das
bisherige Konzept der Kommission, wenn man es überhaupt als ein solches bezeichnen kann,
ist der Weg in die Niederungen des Agility und in die internationale, sportliche
Bedeutungslosigkeit.
Wollen wir das wirklich?
Oktober 2004
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Von J. Lo am 05. Apr. 2009 21:13:
Ach ja...,
da hast du so Recht! Immerhin ist Agility ein Sport, der als eine Sportart ausgelegt ist, in der es um Fehlerfreiheit UND Geschwindigkeit geht. Also ist es klar, dass Leute mit zu langsamen Hunden, auch wenn sie fehlerfrei sind, im Vergleich zu den schnellen fehlerfreien Hunden weiter hinten platziert werden. Möchten sie auf dem Treppchen stehen, sollte über die Wahl einer anderen Sportart nachgedacht werden. Viele sagen ja auch: "Na ja, eigentlich laufe ich ja auch NUR ZUM SPAß, ganz nach oben muss/möchte ich ja gar nicht kommen, aber ein Sieg wäre schon mal schön...." Was denn nun? Turniere/Wettkämpfe sind dazu da, um sich mit anderen Teilnehmern zu messen und je nach Sportart den/die Beste/r zu ermitteln!!! Also für mich gilt: Entweder macht man Turniere oder man lässt es bleiben. Und zu der Geschwindigkeit noch mal: Klar ist bei einem langsamen Hund schnell die Grenze erreicht, aber das weiß man doch vorher, guckt man mal ins Reglement...!
Deine Berichte und Kommentare treffen es immer auf den Punkt!!! :)
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